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Juri Troy / Gasthaus Seibl

Warum

Käsknöpfle

so auf Holz

stehen.

Die Kässpätzle im Gasthaus Seibl sind

legendär. Das liegt auch daran, dass sie

in einer Gepse auf den Tisch kommen.

Die Gepse ist eine flache Holzschüssel

und wird im Bregenzerwald auf den

Sennhütten unter anderem auch zur

Milchaufbewahrung verwendet.

Der Architekt Juri Troy kennt „den Seibl“,

schliesslich hat seine Oma jahrelang die

Wirtschaft mit der vielleicht schönsten

Aussicht über den Bodensee geführt. Oben

auf dem Haggen, über Lochau und haar-

scharf am Abgrund. Vor 5 Jahren ist das

Gasthaus einem Brand zum Opfer gefallen,

stand lange im Regen und war sich seines

Schicksals ganz und gar nicht sicher. Weil

der Restbestand des Gebäudes in einem

Zustand war, der eine wirtschaftliche

Sanierung eigentlich undenkbar gemacht

hätte. Eine nüchterne Bestandsanalyse

brachte wenig Hoffnung, die emotionale

2-jährige Meditations-

phase dann aber die

Entscheidung für das

Projekt Seibl-neu. Einen

öffentlichen Raum wie

es nun mal der „Seibl“

schon immer war, muss

man auch der Öffent-

lichkeit weiter zugäng-

lich machen. Das hat

mit einer Grundhaltung

zu tun, der Juri Troy viel abgewinnen kann.

Dieser Haltung entspricht auch sein archi-

tektonisches Konzept des Neubaus, weil

er diesen öffentlichen Erlebniswert für den

Gast nachvollziehbar umgesetzt hat.

Es ist ein Gasthaus mit mehr Funktionalität

entstanden. So funktioniert die Sicht von

den Innenräumen über den See und zu den

Schweizer Bergen durch den höheren

Verglasungsanteil besser.

Die Terrasse, schon immer ein Lieblingsplatz

der Stammgäste, ist stärker heraus- und

hervorgehoben, was sie zur Bühne mit einer

bevorzugten Aussicht macht.

Holz verbindet Generationen

Dort, wo sich der alte mit dem neuen Seibl

trifft, stellt Holz die konstruktive Verbindung

her. Für den Architekten Juri Troy hat sich

die Holzriegelvariante von vornherein an-

geboten. Auch wegen der schnellen Bauzeit

dank Vorfertigung. Auch wegen der Statik

und leichteren Eigengewicht der Holzbau-

weise. Aber da fehlt doch, wenn man J. Troy

kennt, noch etwas ganz Entscheidendes:

Etwas als Erster zu machen. Neues zu

probieren. Zu Josef Fessler von ALPINA als

Generalunternehmer hat er dabei eine gute

Wellenlänge gefunden. Jedes Haus hat

einen Organismus, der es am Leben hält, der

ihm Energie gibt. Die Energieeffizienzdebatte

führt Troy spätestens nach seinem Sunlight-

house-Prototyp etwas komplexer. Architektur

darf sich nicht allein der Energieeffizienz

eines Gebäudes verschreiben sondern muss

nach wie vor die Raumqualität im Auge

behalten.

Dass er mit Holz gerne umgeht, obwohl

er vor seinem Studium als ausgebildeter

Steinmetz die Kraft der Materialität kennen

gelernt hat, versteht man mit diesem Zitat

nur zu gut: „Die Kunst ist, auf die Wieder-

standsfähigkeit des Materials mit der Beharr-

lichkeit des Verarbeiters zu antworten“.

factbox Gasthaus Seibl

Planungsbeginn:

2009

Baubeginn:

2011

Fertigstellung:

Dezember 2011

Bauzeit:

8 Monate

Gastronomiefläche vor dem Umbau:

92 m

2

Gastronomiefläche neu:

132 m

2

Neubau:

Holzständerbau

Fassade:

Heimische Lärche unbehandelt

Innenausbau:

Heimische Lärche weiss

geölt, Eiche massiv weiss geölt

Foto Juri Troy:

Wolfgang Schmidhuber

www.juritroy.at